Frühjahrsputz

(c) Klaus Marion 5/2003

erschienen in VorSicht

 


In der letzten Zeit schaffen sich immer mehr Hobbywerker einen besonderen Typ von Geräten an. Hier ein Erlebnisbericht.

Vor kurzem sprach meine Frau wie folgt:
"Das Pflaster auf dem Weg zur Haustür müsste mal dringend gereinigt werden."
Ich betrachtete die Verbundsteine lange. "Die sind aber alle noch schön schwarz", wandte ich ein.
"Ja, aber ursprünglich waren sie weiß!"
Dieser Umstand schien tatsächlich nach einer schnellen Maßnahme zu verlangen.
Also begab ich mich ins Fachgeschäft meines Vertrauens, um ein passendes Reinigungsmittel zur Beseitigung der Verfärbung zu erwerben. Der freundliche und kompetente Verkäufer nickte bei meiner beredten Schilderung der unakzeptablen Verschmutzung.
"Ja, ja, dass ist der Russ und Rauch aus der Luft. Total ölig, kriecht auch in die Ritzen der Steine. Das kriegen Sie mit Reinigungsmittel und Bürste überhaupt nicht runter. Keine Chance!"
"Oh..."
"Da müssen Sie schon mit was anderem ran. Hochdruckwasserstrahl ist da das Mittel der Wahl!"
Er zeigte mir sein Sortiment von ausgesuchten Hochdruckreinigern, die, wie er mir detailliert erläuterte, das Wasser aus der Leitung mittels Motorkraft unter hohem Druck aus einer rotieren Düse an einem gewehrähnlichen Griff schleudern.
"Das reißt alles runter!"
Ich zögerte. Der Verkäufer verstand meine Bedenken.
"Natürlich ist das eine etwas größere Investition. Aber damit bekommen Sie ein vernünftiges Ergebnis. 3 Jahre Garantie. Und wir haben Umtauschwochen! Probieren Sie es aus. Wenn Sie mit dem Gerät nicht zufrieden sind, können Sie es innerhalb einer Woche kostenfrei umtauschen."
Ich entschied mich für das kleinste Gerät, einem dezentes Kästchen mit Handgriff, allerlei Schläuchen und 150 Euro Barverkaufspreis. "80 Bar Druck. Das reicht für Ihre Zwecke völlig aus!"
Zuhause machte ich mich unter den zweifelnden Blicken meiner Frau daran, das Gerät in Betrieb zu setzen. Und tatsächlich. Unter lautem Kreischen produzierte der kleine Kasten einen kräftigen Wasserstrahl, der sichtbar den unter ihm liegenden Verbundstein von allen dunklen Schattierungen befreite. Eingedenk der Tatsache, dass hier ein jahrelanger Ölfilm die Platten bedeckte, war es schon erstaunlich, wie viel der Wasserstrahl von den Steinen herunterzuholen in der Lage war. Nach ca 1 Stunde hatte ich 40 cm Wegstrecke gereinigt.
Eine kurze Hochrechnung ergab, dass eine vollständige Reinigung aller verbleibenden Wege unter dieser Geschwindigkeit dann wohl in den ersten Novemberwochen abgeschlossen wäre.
Ich brachte das Gerät zurück.
Der Verkäufer äußerte Verständnis. "Natürlich ist die Wassermenge bei so einem Gerät begrenzt, und unter dem Nenn-Druck braucht so eine Verschmutzung schon etwas Zeit, sich zu lösen. Wenn Sie größere Mengen reinigen wollen, würde ich natürlich zu einem etwas leistungsfähigeren Gerät raten.
Der GMX 130 mit ebensolcher Druckleistung war ein deutliches Stück größer, und sein druckvolles Jaulen spiegelte sich in der deutlich gestiegenen Leistung seiner Düse wieder. Tatsächlich war ich jetzt in der Lage, deutlich schneller die Steine von allerlei Verschmutzung zu befreien. Allerdings befreite der Druck auch die Ritzen zwischen den Steinen von jedwedem Sand, so dass binnen Minutenfrist sowohl ich wie auch die umliegende Hauswand die Grundfarbe eines saudischen Beduinen angenommen hatten.
"Bei solchen Geräten brauchen Sie eine Schutzausrüstung. Hier das Grundsortiment, wasserdicht incl Schutzbrille."
Für die Reinigung Hauswand empfahl er mir den anschließenden Einsatz einer druckreduzierten Rotationsbürste, allerdings nur beim größeren Modell anschließbar.
"Der GMX 160 hat dafür auch noch einen höheren Nenndruck und damit deutlich größere Leistungsreserven!"
Die Schutzkleidung erinnerte stark an Spezialeinsätze nach dem Einsatz von ABC-Waffen, tatsächlich blieb ich aber von der fulminanten Wirkung der 160 Bar Wasserdruck verschont. Innerhalb von Minuten konnte ich jetzt großflächig die Verschmutzung beseitigen. Dafür waren jetzt auf den Steinen umso deutlicher die Überreste von Farbspritzern zu erkennen, die bei unvorsichtigen Streichversuchen des Gartenzauns entstanden waren.
"Sie haben mir nicht gesagt, dass Sie Ölfarbe auf den Steinen haben. Die kriegen Sie so nicht weg, da müssen Sie einen Zusatz unter Warmwassereinsatz verwenden"
Der GMX 240, ein handliches Gerät auf einem Rollwagen, mit eingebautem Heizelement und Schaumentwickler, schäumte tatsächlich unter seinem unbarmherzigen Wasserstrahl die Farbflecken auf dem Verbundpflaster in die ewigen Jagdgründe aller Farbreste. Auf den zerklüfteten Waschbetonplatten versagte er jedoch.
Jetzt war ich es leid. Nach gründlichem Studium der einschlägigen Verkaufsprospekte entschied ich mich für das ultimative Gerät, den GMX 2000. Dieser Hochdruckreiniger wird fertig montiert auf einem handlichen Einachshänger geliefert und hat neben dem modularen Wasserenthärter, der Niederdruckdampfeinheit sowie einem Spezialdruckerzeuger auch noch eine modulierte abrasive Sandeinspritzung, die auch härtesten Anforderungen im industriellen Umfeld gerecht wird. Der Verkäufer beglückwünschte mich zu meiner mutigen, und konsequenten Entscheidung und half mir noch beim ankuppeln des Anhängers.
Nach Aufbau des Hochleistungsgerätes sowie den Anschluss an einen Hydranten mit Hilfe eines handelsübliches C-Rohres brachte ich das Gerät unter Volllast in Einsatz.
Endlich war der gewünschte Erfolg sichtbar. Binnen Sekunden beseitigten 250 Bar, auf 95 Grad erhitzt, noch verbliebene Farbreste, wobei die eingespritzten Sandpartikel für eine deutliche Verbesserung der fräsenden Wirkung sorgten.
Nach einer Minute Dauereinsatz waren die Waschbetonplatten von allen Verunreinigungen befreit, incl. der gesamten Oberflächensteine. Das gleiche galt, wie ich bei näherer Untersuchung feststellen musste, auch für Teile des Verputzes der nahestehenden Hauswand sowie dem Lack unseres bis dato roten Familienfahrzeugs.
Jetzt gab es kein Halten mehr. Unser Auto leuchtet seither in einem glanzgestrahlten Silber, und die freiliegenden Steine geben der Hauswand eine rustikal historische Note. Selbst die Bäume haben eine saubere und glatte Rinde, zum Teil spielerisch durch sandgefräste Reliefs verziert.
Ich möchte das Gerät nicht mehr missen.

Klaus Marion



Klaus Marion


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Last updated 02.05.03